Sämtliche Testspiele mussten abgesagt werden, bei einem kurzfristig vereinbarten Freundschaftsspiel gegen Freising durften keine Zuschauer ins Stadion, weil die WC-Anlagen noch nicht fertig sind – von Kassenbereich, Kiosk, VIP-Raum und Lautsprecheranlage ganz zu schweigen. Auch bei den ersten beiden Punktspielen morgen gegen Miesbach und am nächsten Freitag gegen Schongau, die eigentlich daheim hätten ausgetragen werden sollen, wären keine Zuschauer zugelassen worden. So haben die Gladiators das Heimrecht getauscht – Miesbach sowie Schongau erklärten sich spontan dazu bereit – und so starten die Erdinger Puckjäger mit vier Auswärtsspielen in die neue Saison. Das erste Heimspiel mit Zuschauern, allerdings nur 200 wegen Corona, soll am Freitag, 16. Oktober, gegen Kempten über die Bühne gehen.
Für die Gladiators wird der Saisonstart also sehr schwierig, müssen sie doch quasi aus dem Stand in die Saison gehen, weil zwei Wochen wertvolle Vorbereitungszeit fehlen. Die Konkurrenz ist da schon einen großen Schritt weiter. Die Gladiators-Verantwortlichen um Trainer Thomas Vogl waren sehr vorsichtig bei der Zusammenstellung des Kaders und sind kein finanzielles Risiko eingegangen. Oli Wawrotzki (Dingolfing) aus beruflichen Gründen und Jamie Hill (Karriereende) haben den Verein verlassen, Andreas Gerlspeck, Sebastian Lachner und Philipp Spindler stehen aus beruflichen Gründen gewissermaßen Stand by zur Verfügung. Ansonsten vertraut man auf den bisherigen Kader, der mit einigen U20-Spielern ergänzt wird, die ihre Chance also bekommen werden.
„Der Grund für die vorsichtige Kaderplanung liegt auf der Hand, denn eine Saison mit nur 200 Zuschauern ist finanziell von vornherein zum Scheitern verurteilt“, weiß Erdings Eishockey-Chef Rainier Sabus. „Nach Absprache mit dem Hauptverein starten wir nur in die Bayernliga, um uns auch für die Saison 2021/22 eine zukünftige Startmöglichkeit in dieser Liga und uns damit eine Chance für ein Eishockey nach Corona zu sichern.“ Der Abteilungsleiter veranschlagt bis zum Saisonende, bei den aktuellen Corona-Bedingungen, einen Verlust durch Rückzug/Reduzierung von Sponsoren, vor allem durch fehlende Zuschauer- und Kioskeinnahmen sowie Zusatzausgaben, um die Coronaregeln umzusetzen (Reinigung, Desinfektion, bauliche Maßnahme) einen Verlust von rund 130 000 Euro „Selbst bei Verdopplung der Zuschauer ab zum Beispiel Mitte November – was eher unwahrscheinlich ist – beläuft sich der Verlust bis zum Saisonende immer noch auf 105 000 Euro“, veranschlagt Sabus. Zusätzliche Schäden durch drohende Quarantänemaßnahmen oder Saisonabbruch seien noch nicht eingerechnet „Die Unterstützung durch die Politik beläuft sich für die Gladiators auf etwa 1800 Euro zusätzliche Übungsleiter-Pauschale“, rechnet er vor. „Während für Profis 200 Millionen bereitgestellt werden, müssen sich in Bayern 28 000 Vereine 40 Millionen Fördergeld im Sport teilen. Während Profis 20 Prozent der Stadionkapazität für Zuschauer nutzen können, dürfen wir nur 200 Zuschauer reinlassen.“
Aber das ist noch nicht alles. Sabus rechnet die aktuellen Verluste der Eishockeyabteilung vor: „Zusätzliche Belastung durch die Baustellensituation rund 20 000 Euro, Miete Sommertrainingsgelände rund 3000 Euro, das abgesagt Nachwuchscamp etwa 5000 Euro, keine Vorbereitung mit Zuschauern (drei Heimspiele mit vorsichtig gerechneten 300 Zuschauern mussten abgesagt werden), rund 10 000 Euro, entgangene Kioskeinnahmen bei Nachwuchsspielen bis mindestens Mitte Oktober etwa 1000 Euro,“ VIP-Raum- und regulärer Kiosk-Betrieb seien zeitlich noch nicht absehbar und daher auch noch nicht die finanziellen Folgen in dieem Bereich, ebenso wie die Kosten für Herstellung der Coronatauglichkeit von Kabinen auf Kosten der Abteilung.
„Unser kleiner, nicht auf Konkurrenzniveau befindlicher Kader ist dieser finanziellen Situation geschuldet“, erklärt Erdings Eishockey-Chef. Auf die sportlichen Auswirkungen – keine normale Vorbereitung, kein Kraftraum – wolle er gar nicht eingehen.
Ein dickes Lob zollt Sabus den vielen ehrenamtlichen Helfer, „die durch die angespannte Situation in der Baustelle und die umfangreichen Corona-Maßnahmen mittlerweile an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt sind“. Als Beispiel nennt er den erheblichen Mehraufwand bei den Spielen für regelmäßiges Reinigen und Desinfizieren. „Kein Wunder, dass die ehrenamtliche Bereitschaft sinkt.
Und dann sind da schließlich noch die Gladiators, „die zukünftig den Gürtel enger schnallen müssen, sei es bei der Ausrüstung oder der Aufwandsentschädigung“. Auch die Nachwuchseltern werden wohl in Zukunft bei den Aktivenbeiträgen tiefer in die Tasche greifen müssen, und schließlich auch die Zuschauer, die mit höheren Preisen rechnen müssen. „Vielleicht noch nicht in dieser Saison, aber mit Sicherheit in der nächsten“, kündigt Abteilungsleiter Sabus an.
Wie auch immer: Morgen beginnt die Bayernliga-Saison 2020/21, und die Gladiators werden trotz der widrigen Umstände alles daran setzen, eine ähnlich gute Rolle zu spielen wie in er vergangenen Saison, als sie erst im Playoff-Viertelfinale von der Corona-Pandemie ausgebremst wurden.