Herr Sabus, Sie haben vergangenes Jahr angekündigt, dass es aufgrund des aufwändigen Stadionumbaus eine „Saison des Improvisierens“ für die TSV-Eishockeyabteilung werden würde. War es wirklich so schlimm?
Es begann bereits in der Vorbereitung des Sommertrainings, als uns noch bis ein paar Tage vor Beginn keine Trainingsstätte zur Verfügung stand. Alle Bemühungen, auch seitens der Stadt Erding, uns mit unseren acht Mannschaften sinnvoll unterzubringen, liefen ins Leere. Erst der Kontakt aus unserer Elternschaft zum FC Schwaig führte dazu, dass wir das Sommertraining in fast perfekter Umgebung durchführen konnten – und die Stadt Erding übernahm auch noch die Hälfte der Kosten. Als wir dann im Herbst pünktlich in die provisorische Eishalle einzogen, gab es noch genug Baustellen. Aber man muss sagen, dass alle, insbesondere die Stadtwerke, sehr bemüht waren, uns eine reguläre Saison zu ermöglichen.
Besonders musste beim Kiosk improvisiert werden, der eine sehr wichtige Einnahmequelle darstellt. Wie lief es hier?
Der Kiosk war immer wieder ein großes Thema für unsere bewirtende Elternschaft. Sei es nun das anfangs noch zu warme Bier oder der deutliche Mehraufwand, alles zu den provisorischen Verkaufsständen nach oben auf die Tribünen zu schaffen. Hier wurden gegen Saisonende die Arbeitskräfte knapp. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich zum einen bei den Stadtwerken und unserer Elternschaft für ihren Einsatz zu bedanken und zum anderen bei unseren Zuschauern und Fans für das aufgebrachte Verständnis.
Die Saison 2019/20 wurde abrupt beendet. Was bedeutete das für die Abteilung?
Wir hatten uns als Fünfter direkt für die Playoffs qualifiziert und uns voll und ganz auf das Viertelfinale gegen Passau konzentriert. In der Serie Best-of-three hätten wir, egal wie die Spiele gelaufen wären, nur ein Heimspiel gehabt, auf das sich schon alle gefreut hatten. Und gegen Passau hätten wir auch gute Chancen gehabt, weiterzukommen. Corona hatte sich zu der Zeit schon angedeutet. Als dann einen Tag vor dem ersten Playoff-Spiel die endgültige Einstellung des Spielbetriebs seitens des Verbandes kommuniziert wurde, war das nicht nur sportlich eine Katastrophe für uns, da das Tor ins Halbfinale sehr weit offen stand. Finanziell fehlt uns dadurch mindestens das eine Viertelfinal-Spiel, das mit rund 15.000 Euro zu beziffern wäre.
Sie konnten ja aufgrund der Corona-Pandemie noch keine Jahreshauptversammlung durchführen. Können Sie uns sagen, wie die Zahlen zum Ende des Geschäftsjahres 2019 aussehen?
Da durch die Coronakrise die Geschäftsstelle des Hauptvereins aber auch die vielen Verbände, Behörden und Unternehmen nur eingeschränkt tätig waren, liegen noch nicht alle Zahlen endgültig vor, aber ein Trend ist schon absehbar. Für das Geschäftsjahr 2019 werden wir bei einem Umsatz von rund 410.000 Euro einen Verlust von etwa 33.000 Euro ausweisen. Das ist einerseits der massiven Investition in unsere hauptamtlichen Nachwuchstrainer geschuldet, die 2019 das erste Mal ganzjährig zu Buche stand, einem erst in 2020 eingezogenen Aktivenbeitrag, aber auch schwachen Zuschauerzahlen zu Beginn der Saison.
Und wie sieht es zum Saisonende 2019/20 aus?
Aufgrund von Corona etwas anders. Hier werden wir bei einem Umsatz von circa 420.000 Euro einen Verlust von voraussichtlich etwa 16.000 Euro ausweisen müssen und bewegen uns damit ziemlich genau in dem Bereich, den das ausgefallene Playoff-Spiel ausgemacht hätte – also ohne Corona eigentlich eine ausgeglichene Saison. Dieser Verlust wird voll ins Geschäftsjahr 2020 einfließen und uns also auch in der Saison 2020/21 belasten.
Glauben Sie, dass die Saison 2020/21 überhaupt regulär beginnen kann, also ab September mit dem Trainings- und ab Oktober mit dem Punktspielbetrieb?
Das ist eine ganz schwere Frage, die nicht nur mich, sondern alle im Eishockeysport bewegt – Funktionäre, Spieler und Fans. Der Verband geht aktuell, mangels anderslautender Vorgaben, von einer regulären Saison ab Anfang Oktober aus. Inwieweit diese dann tatsächlich regulär ablaufen wird, gilt es abzuwarten. Laut dem Vier-Stufen-Konzept des zuständigen Bayerischen Innenministers werden Kontaktsportarten, und darum handelt es sich beim Eishockey, erst in der letzten Stufe freigegeben. Entsprechend der dann aktuellen Entwicklung, kann man hier frühestens im Spätsommer rechnen. Aber damit wäre immer noch keine Spielzeit gesichert.
Warum?
Weil es aufgrund der kommunalen Entscheidungsbefugnis auf lokaler Ebene passieren kann, dass zum Beispiel der Standort Erding spielen kann, der Standort Königsbrunn aber nicht. Und das hängt nicht nur von den immer wieder zitierten Fallzahlen ab, sondern auch davon, wie in den Eishallen die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden können, beginnend bei den Zuschauern, über WC-Anlagen, Getränkeverkauf und so weiter. Wir könnten dank des Neubaus und der im Vergleich zu anderen Stadion großzügigen Kabinensituation genügend Fläche zur Verfügung stellen, um die geforderten Abstandsregeln auch in den Kabinen zu gewährleisten, aber in vielen andere Stadien ist das nicht so einfach möglich. Im Endeffekt hoffen wir, am 1. September in den Trainingsbetrieb auf dem Eis und dann in die Vorbereitung einsteigen und den Spielbetrieb am 2. Oktober aufnehmen zu können. Aber hier handelt es sich tatsächlich nur um das Prinzip Hoffnung.
Wären für Sie Geisterspiele denkbar?
Geisterspiele, da waren sich alle Vereine bei der Ligentagung einig, kommen nicht in Frage. Wir haben für den TSV verschiedene Szenarien finanziell durchgespielt. Dabei wäre bei Geisterspielen während der gesamten Saison ein Verlust von rund 175 000 Euro entstanden, und das ist für den TSV nicht tragbar.
Wenn es keine Geisterspiele geben würde, sondern eine Zuschauerbeschränkung. Wo wäre Ihre Schmerzgrenze?
Das ist auch eine schwer zu beantwortende Frage, da Zuschauerbeschränkungen ja auch nur befristet ausgesprochen werden könnten. Wenn wir von einer Beschränkung während der gesamten Spielzeit ausgehen – und davon muss man eigentlich ausgehen, solange kein Impfstoff zur Verfügung steht – beginnt die Schmerzgrenze bei durchschnittlich 600 Zuschauern. Das aber im Bewusstsein, dass eine solche Saison ein großes Risiko darstellt und wir alle unsere Reserven einbringen müssten. Die Problematik liegt nicht unbedingt bei der nominellen Zuschauerbeschränkung, selbst wenn diese bei 1000 Zuschauern liegen würde. Im letzten Jahr hatten wir einen Schnitt in der Verzahnungsrunde von 753 Zuschauern. Um solche Zahlen zu erreichen, brauchen wir die zuschauerträchtigen Spiele mit plus 1200 Zuschauern, und diese „Ausreißer“ nach oben wären mit einer Beschränkung dann leider gedeckelt.
Ist eine seriöse Planung für die kommende Saison dann überhaupt möglich?
Aus meiner Sicht momentan noch nicht wirklich, dafür gibt es noch viel zu viele Unwägbarkeiten. Ich höre und lese immer wieder von Spielerverpflichtungen, auch für die Kontingentstellen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht einmal gesichert, ob wir spielen können, geschweige denn mit welchem Modus. Die Taschen vieler Vereine müssen derzeit prall gefüllt sein. Anders kann ich mir nicht vorstellen, wie sonst solche Verträge möglich wären. Wir gehen von einem Rückgang an Sponsorengeldern in Höhe von 30 Prozent aus. Die wirtschaftlichen Folgen der Krise beginnen sich erst so richtig ins Bewusstsein zu schieben. Da wird noch einiges auf uns zu kommen.
Was halten Sie von den Ergebnissen der Ligentagung, dass die Bayernliga mit 15 und die Oberliga mit 13 Clubs an den Start gehen wird?
Bereits vor vier Jahren musste die Bayernliga Mannschaften an die Oberliga abgeben. Für die kommende Saison hätte sich der DEB eigentlich weitere drei Mannschaften gewünscht, um auf eine Spielstärke von je 14 in Ober- und Bayernliga zu kommen. Landsberg und Passau gehen rauf. Mit dem Verbleib von Miesbach in der Bayernliga kommt nun aber eine ungerade Aufteilung heraus, die sicher nicht optimal ist und in der nächsten Saison nach weiteren Aufsteigern in die Oberliga schreit. Letztlich kann es aber nicht sein, dass alle paar Jahre die Bayernliga die Oberliga mit solchen nicht sportlichen Aufstiegen stützen muss. Das schwächt die Bayernliga massiv. Zu viele der sportlich interessanten und zuschauerträchtigen Vereine haben wir auf diese Weise schon verloren.
Wie aktuell Landsberg und Passau, die immer viele Zuschauer gebracht hatten?
Jeder zahlende Zuschauer zählt. Insofern ist der Aufstieg von zwei Schwergewichten wie die beiden genannten immer ein herber Verlust.
Wie kann man das verhindern?
Dem muss mittelfristig eine Reform der Ligenstruktur Einhalt gebieten. Der sportliche Abstand zwischen Bayern- und Oberliga aber auch innerhalb der Oberliga ist einfach zu groß. Für viele der aufgestiegenen Oberligisten ist die Verzahnungsrunde mit der Bayernliga daher nach wie vor ein Muss, um eine Möglichkeit zu haben, eine drohende Insolvenz oder zumindest hohe Verluste mit einer sportlich gesteuerten Rückkehr in die Bayernliga abwenden zu können.
Der Bayerische Eissport-Verband (BEV) will ja in den nächsten Tagen Vorschläge bezüglich des Modus präsentieren. Wie könnte er Ihrer Meinung nach aussehen?
Sicher ist nur der Beibehalt der Verzahnungsrunde, gerüchteweise mit drei Vertretern aus der Oberliga. Die Zahl der Vertreter der Bayernliga ist noch nicht definiert, wie auch der Modus für eine Abstiegsrunde. Ich vermute, dass es eine Vorrunde jeder gegen jeden geben wird. Danach eine Verzahnungsrunde mit drei Ober- und sieben Bayernligisten, anschließend eine wie auch immer geartete Playoff-Runde. Die restlichen acht Bayernligisten würden dann gegen den Abstieg kämpfen. Aber das alles ist noch reine Spekulation.
Die meisten Vereine in der Bayernliga verpflichten seit Wochen fleißig neue Spieler beziehungsweise geben Vertragsverlängerungen bekannt. Aus Erding hört man dagegen nichts. Wie schaut es denn aktuell mit dem Gladiators-Kader aus?
Wir haben bereits dem gesamten Kader der letzten Saison, mit Ausnahme von Kontingentspieler Jamie Hill, angeboten, dass sie in der Saison 2020/21 dort erfolgreich weitermachen können, wo sie am 12. März aufhören mussten. Lediglich bei der finanziellen Ausgestaltung der Vereinbarungen müssen coronabedingt Anpassungen vorgenommen werden. Die meisten Spieler haben diesem Vorschlag spontan zugestimmt. Nur ein paar wenige haben sich Bedenkzeit ausbedungen, allerdings aufgrund persönlicher oder beruflicher Veränderungen und nicht wegen der finanziellen. Insofern steht unser Kader bereits seit dem Ende der abgebrochenen Saison. Bisher hat uns lediglich Stürmer Oliver Wawrotzki aus beruflichen Gründen nach Dingolfing verlassen. Ich wünsche ihm alles Gute für seine berufliche Weiterentwicklung.